Die Armut war immer ein zentrales Thema in der Geschichte des Schwarzenburgerlandes. Wegen eines Vulkanausbruchs 1815 in Indonesien verschlechterte sich das Wetter und 1816 wurde zum Katastrophenjahr. Das Getreide verfaulte im Spätsommer, die Kartoffeln im Herbst. Ab Neujahr hatten viele Familien bereits keine Vorräte mehr. Der Brotpreis stieg um das Vierfache. Man machte Schulden und verarmte dabei. Die Armenlast wurde enorm. Zwar schickte man von Bern Saatkartoffeln oder Getreide für die nächste Aussaat, man sprach Kredite und sammelte Spenden für das «bernische Irland». Wahlern organisierte Suppen- und «Mues-Anstalten», Verpflegungsanstalten für die Ärmsten, um dem schlimmsten Hunger zu wehren.
Dramatisch waren auch die Jarhe 1845/46 mit der Kartoffelkrankheit. Da die Krisenzeiten jeweils rasch aufeinander folgten, waren die Schulden der letzten Krise jeweils noch nicht zurückbezahlt. Deshalb gab die Gemeinde Wahlern Bettelbewilligungen heraus. Oder die Armen wurden angehalten, nach Amerika auszuwandern, oft versüsst mit einem kleinen Zuschuss.
In der Zeit von 1850-1856 kam es zum totalen Niedergang. Die Gemeinderechnungen waren drei bis sechs Jahre im Verzug. In Wahlern waren etwa ein Viertel der Menschen besteuert (unterstützt), neue Pfänder wurden für neue Kredite angeboten, sogar das Käppeli und die Wahlernkirche.
Gemeinde Wahlern | Geburten | Todesfälle |
1850 | 179 | 144 |
1851 | 174 | 163 |
1852 | 174 | 163 |
1853 | 147 | 212 |
1854 | 151 | 224 |
1855 | 124 | 206 |
1856 | 185 | 170 |
Mehrmals verlangten Guggisberg und Wahlern «Regierungskommissäre», um zu helfen und Abhilfen vorzuschlagen. Und sie kamen auch, Männer mit grosser Erfahrung im Armenwesen. Ideen zur Arbeitsbeschaffung: Seidenspinnen, Weben, Strohflechten, Uhrmacherei – leider alles nur mit Anfangserfolg. Immerhin gab es Arbeit beim Strassen- und Brückenbau, schon in den 30er-Jahren. Die Regierung half, wo sie nur konnte, aber man hielt die Schwarzenburger immer eher knapp. Im Mai 1856 kam zum letzten Mal ein Kommissär, nämlich Rudolf Kissling, aus Rüeggisberg. Er wurde von Regierungsrat Schenk, dem späteren Bundesrat, persönlich in Guggisberg und Wahlern vorgestellt. In Zusammenarbeit mit den Behörden wurde das Armenwesen aufgearbeitet und auf eine solide Grundlage gestellt (klare Rechnungen und Kontrollen, wer unterstützt werden soll). Für Wahlern waren die Arbeiten 1857 erledigt, für Guggisberg ein Jahr später. 1858 trat das neue Armengesetz in Kraft: Nun war die Wohngemeinde für die Armen zuständig und nicht mehr die Heimatgemeinde.